In Hamburg liegen kleinräumige Wohn-Pflege-Gemeinschaften im Trend. 2003 wurde in Hamburg die erste ambulant betreute Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz eröffnet. Gegenwärtig existieren in Hamburg 71 Wohn-Pflege-Gemeinschaften bzw. Wohngruppen sowohl mit ambulanter als auch stationärer Ausrichtung, in denen etwa 640 Menschen leben. Zunächst wurden Projekte für Menschen mit Demenz entwickelt; mittlerweile richten sie sich auch an Menschen mit somatischen und gerontopsychiatrischen Krankheitsbildern, älter gewordene Menschen mit Behinderung, intensivem Pflegebedarf und Menschen mit Migrationshintergrund. Eine Übersicht über die bestehenden Wohn-Pflege-Gemeinschaften finden Sie in dem Informationspapier 2 der Hamburger Koordinationsstelle für Wohn-Pflege-Gemeinschaften.
In den zurückliegenden zehn Jahren wurden wichtige Planungshilfen, Förderinstrumente und Fachnetzwerke geschaffen. Die Integration neuer Wohn-Pflege-Angebote in ein lebendiges, tragfähiges Umfeld und die Sicherstellung der Mieter- bzw. Nutzerinteressen waren und sind dabei stets Handlungsmaxime. Bei aller Flexibilität und Offenheit für eine möglichst große Konzeptvielfalt wurden grundlegende Gestaltungs- und Qualitätsanforderungen zwischen den Fachbehörden, der Hamburger Koordinationsstelle für Wohn-Pflege-Gemeinschaften und den relevanten Institutionen und Akteuren abgestimmt. Tenor der Hamburger Projektentwicklung: Größe und Ausstattung, Betreuungskonzept, Qualifikation und Kontinuität der Pflege-Teams sind unter Wahrung der Selbstbestimmung und Mitwirkung der pflegebedürftigen Menschen auf ein Zusammenleben in überschaubaren Gemeinschaften auszurichten. Eine ausgewogene Beziehung zwischen Aktivität und Muße, zwischen sozialer Teilhabe am Zusammenleben und dem Wohnumfeld sowie Rückzug in die Privatsphäre sollen zum Wohlbefinden des Einzelnen in einem wohnlichen Ambiente beitragen. Das Milieu ähnlich einer (groß)familiären Haushaltsgemeinschaft – soll nicht von betrieblichen Abläufen sondern vom Alltagsgeschehen geprägt sein, das jeden Tag, je nach Wunsch und Befinden variieren kann.
Die Nachfrage in der Bevölkerung ist ungebrochen und die Projektentwicklung schreitet weiter voran: Die in Planung befindlichen Vorhaben lassen erkennen, dass sich der konzeptionelle Mix aus Service, Pflege und Alltagsbegleitung in Zukunft weiter ausdifferenzieren wird. Wohn-Pflege-Gemeinschaften liegen somit in Hamburg im Trend und sind Bestandteil der behördlichen „Rahmenplanung der pflegerischen Versorgungsstruktur“.
Seit dem 01.01. 2010 ist das Hamburgische Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz in Kraft. Am 01.03. 2012 sind drei Verordnungen zum Gesetz in Kraft getreten (WBPersVO, WBBauVO, WBMitwVO).
Der Anwendungsbereich des Gesetzes erstreckt sich auf Wohnformen in Selbstverantwortung (Seniorenwohnanlagen und Wohngemeinschaften), Wohneinrichtungen (Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe), Gasteinrichtungen zur vorübergehenden Betreuung (Hospize, Einrichtungen der Kurzzeitpflege, Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege) sowie auf ambulante Dienste. An den Betrieb dieser Betreuungsformen werden gestufte Anforderungen gestellt. Die Weiterentwicklung der Angebotsvielfalt (z.B. ambulante Wohn- und Betreuungsformen) wird damit ermöglicht und gefördert.
Die Anforderungen an Wohngemeinschaften, die dem Zweck dienen, mindestens drei und höchstens zehn auf Betreuung angewiesene Menschen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt und eine von der Wohnraumüberlassung unabhängige Inanspruchnahme entgeltlicher Betreuungsleistungen zu ermöglichen, beschränken sich auf Maßnahmen zu Sicherung der Selbstbestimmung gegenüber den frei wählbaren (ambulanten) Dienstleistern.
Das Gesetz regelt u.a. die Aufgaben und Befugnisse der zuständigen Behörden. Grundsätzlich nimmt das Gesetz eine präventive Perspektive ein. Die vorgesehenen Instrumente sollen bereits weit im Vorfeld von Mängeln in der Wohn- und Betreuungsqualität greifen. Hier sind insbesondere der Beratungsanspruch nach § 3, die Anforderungen an ein systematisches Personal-, Qualitäts- und Beschwerdemanagement der Leistungsbringer, die Pflicht zur Durchführung und Auswertung von Nutzer- und Mitarbeiterbefragungen, erweiterte Mitwirkungsmöglichkeiten von Beiräten und die bereits genannten Transparenzanforderungen zu nennen.
Demgegenüber wird die Überwachung der Anforderungen durch die Aufsichtsbehörden gestuft nach Wohn- und Betreuungsform geregelt. Während Servicewohnanlagen, Wohngemeinschaften, Gasteinrichtungen sowie ambulante Dienste anlassbezogen (insbesondere bei vorliegenden Beschwerden) geprüft werden, bleibt es in Bezug auf Wohneinrichtungen grundsätzlich bei einer jährlichen durchzuführenden Regelprüfung.
Schwerpunkt der Prüfungen ist die Wirksamkeit der von den Leistungserbringern geplanten und durchgeführten Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen nach dem Gesetz (Ergebnisqualität); hier sind insbesondere die Ergebnisse im Hinblick auf die Normalität des Alltagsablaufs, die Kontinuität der Betreuung und die erreichte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu nennen.
Hamburger Koordinationsstelle für Wohn-Pflege-Gemeinschaften Beraten-Begleiten-Vernetzen
Die Hamburger Koordinationsstelle für Wohn-Pflege-Gemeinschaften – gefördert durch die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) – hat als zentrales Beratungs-, Informations- und Service-Angebot den Auftrag, die Angebotsvielfalt kleinräumiger Wohn- und Versorgungsformen für pflege- und assistenzbedürftige Menschen zu erhöhen und die Akteure bei der Planung, Umsetzung und Praxisgestaltung fachlich zu begleiten und zu unterstützen. Sie besteht seit 2006 in Trägerschaft der STATTBAU HAMBURG und wird durch die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) der Freien und Hansestadt Hamburg gefördert.
Ältere Menschen, Angehörige, Betreuer, Vereine und Institutionen, aber auch Pflegedienste und Wohnungswirtschaft werden über Konzepte, Planung, Umsetzung und Alltagspraxis innovativer Wohn– und Betreuungsformen informiert. Die Koordinationsstelle unterstützt Einzelpersonen bei der Suche nach einer Wohn-Pflegeform und fördert durch ein Netzwerk regelmäßiger Fachforen den Austausch aller an den Hamburger Wohn-Pflege-Projekten beteiligten Akteure.